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"60 Jahre MULTIVAC - Globalisierung, Digitalisierung und Nachhaltigkeit"

60 Jahre nach Unternehmensgründung versteht sich MULTIVAC längst nicht mehr als reiner Verpackungsmaschinenbauer. Das Unternehmen hat sich zu einem global tätigen Systemanbieter mit einem Jahresumsatz von 1,2 Milliarden Euro entwickelt. Und betritt neue Pfade im Bereich der Digitalisierung und der Nachhaltigkeit. Ein Gespräch mit Guido Spix, Geschäftsführender Direktor bei MULTIVAC.

Herr Spix, MULTIVAC wird 60 Jahre alt. Erzählen Sie uns von den Anfängen des Unternehmens.

Alles begann 1961. Eine Zeit, in der Produzenten Lebensmittel in Deutschland noch Blechdosen und Glasbehälter verpackten. Seinerzeit in der Regel die einzigen Verpackungsmöglichkeiten zur Haltbarmachung. Bis aus den USA erste Produkte auftauchten, die in Kunststofffolie verpackt waren. Eine innovative und wirtschaftliche Lösung, die Sepp Haggenmüller begeisterte. Er erkannte das Potential dieser Art von Verpackung und entwickelte in der Garage des väterlichen Betriebs in Böhen die legendäre A4 – eine Vakuum-Kammermaschine für die Molkerei- und Fleischindustrie, die Lebensmittel in Folienbeutel verpackt. Das richtige Produkt zum richtigen Zeitpunkt – mit dieser Maschine fiel der Startschuss für MULTIVAC. Und für einen Lauf, vor dem ich große Hochachtung habe.

Die Geschwindigkeit, mit der sich das junge Unternehmen entwickelt hat, würde viele Start-ups von heute zum Staunen bringen. Nur drei Jahre nach der Gründung hatten Sepp Haggenmüller und sein Partner Artur Vetter bereits 1.000 Vakuum-Kammermaschinen ausgeliefert. Ein beeindruckendes Tempo, das bei Folgeentwicklungen nicht nachließ. Etwa bei der R 67, eine Tiefziehverpackungsmaschine, die 1968 auf den Markt kam. Sie ermöglichte die Verpackungsherstellung und Verpackung in einer Maschine und stieß ebenfalls auf sehr hohe Resonanz bei Lebensmittelproduzenten und Herstellern von sterilen Medizingütern. Ein wichtiger nächster Schritt erfolgte dann 1992 mit der Entwicklung der R 530. Diese Tiefziehverpackungsmaschine läutete einen Paradigmenwechsel ein.

Warum war diese Tiefziehverpackungsmaschine so bedeutend?

Die R 530 bestand als erste Tiefziehverpackungsmaschine auf dem Markt komplett aus Edelstahl. Eine absolute Neuheit. Denn nahezu alle vergleichbaren Maschinen am Markt setzten bis dato größtenteils auf Aluminium. Diese Entwicklung mischte die Karten neu. Erstmals konnten Lebensmittelproduzenten starke Reinigungsmittel einsetzen und so einen höheren Grad an Hygiene und Keimfreiheit erreichen. Dadurch wurde es möglich, auf eine Pasteurisierung der Verpackung zu verzichten und somit nicht nur Geld für einen Prozessschritt zu sparen, sondern auch die Produkte zu schonen. Denn eine Pasteurisierung, die ein Produkt durch Erhitzen von Keimen befreit, bedeutet in den meisten Fällen auch eine Einbuße an Qualität. Zwei Vorteile, welche die R 530 zu einem großen Erfolg machten und MULTIVAC zu einem weiteren Wachstumsschub verhalfen. Mit diesem Rückenwind hat das Unternehmen viel in Forschung und Entwicklung investiert und regelmäßig innovative Maschinentechnologie auf den Markt gebracht. Etwa neuartige Traysealer, mit denen sich Lebensmittel unter Schutzgasatmosphäre verpacken lassen und damit länger haltbar sind. Ganz entscheidend war dann allerdings die strategische Entwicklung hin zum Systemanbieter.

Warum hat MULTIVAC den Weg zum Systemanbieter eingeschlagen?

Wir haben frühzeitig erkannt, bereits 2005, dass das reine Maschinengeschäft an seine Grenzen stoßen würde. Immer weniger Kunden wollen lediglich eine Verpackungsmaschine. Sie fragen nach Systemlösern, die ihnen vollständige Linien aus einer Hand anbieten können - von der Verarbeitung bis zum End-of-Line-Bereich. Wir bemühen uns deswegen stetig darum, unser Produktportfolio zu erweitern. Rund um maschinelle Prozesse vor und nach dem Verpacken. 2017 haben wir mit Übernahme der TVI Entwicklung und Produktion GmbH aus Irschenberg die Portioniertechnologie in unser Portfolio aufgenommen, 2018 haben wir mit dem Aufbau unserer Slicer-Sparte begonnen. In Kombination mit unseren Verpackungsmaschinen sowie Etikettier- und Inspektionslösungen, die bereits seit 1993 zum Portfolio gehören, liefern wir nun perfekt aufeinander abgestimmte Linien aus einer Hand. Diese ersparen unseren Kunden viel Planungs- und Abstimmungsaufwand und erreichen ein Maximum an Produktivität. Von solchen Lösungen überzeugen können sich Kunden in unseren Anwendungszentren, die auf die Anforderungen der jeweiligen Produkte ausgelegt sind, und die wir auf der ganzen Welt betreiben. Unsere Experten betreiben dort Pilotanlagen, die sich unter realen Produktionsbedingungen beweisen. Zu den neuesten dieser Zentren zählt seit Anfang 2021 das Training and Application Center (TAC) in Wolfertschwenden. Dort zeigen wir auch, dass MULTIVAC längst mehr kann, als Fleisch verpacken.

In welchen Branchen kommen Ihre Lösungen zum Einsatz?

Mittlerweile unterstützen wir nicht nur die Fleisch- und Molkereiwirtschaft mit Systemlösungen, sondern zunehmend auch die Bäckereibranche – eine Branche, in der wir hohe Wachstumsraten erwarten. Seit 2019 ist FRITSCH aus dem unterfränkischen Markt Einersheim Teil der MULTIVAC -Gruppe. Wir kombinieren die Maschinen für die Teigformung und –aufarbeitung mit Tiefziehverpackungsmaschinen. Zu unseren Kunden zählen beispielsweise Hersteller von Kräuterbaguettes und Aufbackbrötchen. Die Branchen Health Care und Life Sciences entwickeln sich bereits seit einiger Zeit sehr positiv. Dabei bewegen wir uns nicht selten in Nischen. Während der Pandemie haben wir beispielsweise Hersteller von Corona-Tests unterstützt, eine automatische Verpackungslinie für Teststäbchen zu entwickeln. Und das in Rekordzeit. Denn mittlerweile blicken wir auf den Erfahrungsschatz von über 40.000 Verpackungslösungen zurück. Wir haben daher genügend Know-how angesammelt, um auch in Nischen schnell passende Lösungen für die jeweiligen Anwendungen anzubieten. Ohne teure und zeitaufwendige Entwicklungsarbeit. Die Fleischwirtschaft ist natürlich immer noch wichtig, macht allerdings zwischenzeitlich aufgrund der Vielfalt der Verpackungslösungen, die wir anbieten, nur noch etwa 40 Prozent unseres Geschäfts aus.

Wie hat sich das Vertriebs- und Servicenetz von MULTIVAC über die Jahre entwickelt?

Ebenso bedeutend wie die Portfolioerweiterung ist, dass MULTIVAC früh angefangen hat, international tätig zu sein. Wir haben uns seit 2003 mit unglaublicher Energie und großen Investments zu einem globalen Unternehmen entwickelt. Heute freuen wir uns über mehr als 85 Tochtergesellschaften und 13 Produktionsstätten mit insgesamt 6.700 Angestellten sowie ein Vertriebs- und Servicenetz in 165 Ländern. Durch dieses internationale Set-up mit starken lokalen Unternehmen können wir gezielt auf die Anforderungen vor Ort eingehen – mit Maschinen, Service, Ersatzteilen bzw. Verbrauchsmaterialien. Eine internationale Ausrichtung, von der wir auch in der Corona-Pandemie profitieren. Um weltweit tätig zu bleiben, müssen wir zwar Maschinen transportieren, aber keine Vertriebsmitarbeiter und Servicetechniker mit Flugzeugen von einem Land ins nächste schicken. Dadurch haben wir eine hervorragende Position und konnten 2020 auch ohne viele Geschäftsreisen einen Jahresumsatz von 1,2 Milliarden Euro erzielen. Das starke internationale Netzwerk macht es zudem möglich, Kunden einen reaktionsschnellen Service zu bieten.

Welche Rolle spielt der Service in Ihrer Unternehmensgruppe?

Maschinen und Anlagen werden im Industrie-4.0-Zeitalter immer komplexer, um den wachsenden Anforderungen gerecht zu werden. So vielschichtig, dass in einigen Betrieben das Know-how für die Wartung schlichtweg nicht mehr vorhanden ist. Für viele Unternehmen ist es deshalb eine große Herausforderung, Anlagen sicher in Betrieb zu halten. Die Gesamtanlageneffektivität sinkt dann dramatisch. Eine Entwicklung, der wir mit unserem Servicenetzwerk entgegenwirken können. Qualifizierte Techniker aus weltweiten Niederlassungen, die wir in unseren Trainings- und Anwendungszentren umfassend schulen, unterstützen unsere Kunden dabei, die Wirtschaftlichkeit der Anlagen zu erhöhen. Dabei spielt mittlerweile auch die Digitalisierung eine große Rolle. Wir entwickeln seit einiger Zeit sogenannte Smart Services. Etwa den MULTIVAC Pack Pilot, eine cloudbasierte Software, die Maschinenbediener bei der Konfiguration der Einstellungen ihrer Verpackungsmaschinen unterstützt. Sie können die Maschine dank des Programms mit wenigen Klicks auf eine neue Folie einstellen. Bei Bedarf stehen dabei unsere Experten aus der Ferne bereit, die alle Maschinenparameter auf einem Dashboard verfolgen. Ein Konzept, das besonders für großflächige Länder wie Australien interessant ist, in denen Techniker oft mit dem Flugzeug anreisen müssen. Die Digitalisierung spart hier Zeit, Kosten und CO2. Sie ist also auch für die Nachhaltigkeit bedeutend.

Das Thema Nachhaltigkeit treibt fast alle Unternehmen um. Wie positionieren Sie sich auf diesem Gebiet?

Die Prinzipien, nach denen wir Entscheidungen treffen, orientieren sich grundsätzlich am Thema Nachhaltigkeit. Schon seit vielen Jahren. Wenn wir beispielsweise hören, dass in der Prozesskette rund 50 Prozent der Lebensmittel verderben, stellen wir uns zum Beispiel die Frage: Wie lässt sich die Ausbeute erhöhen? Hier kommen unsere Portionierer in Spiel, die ein besonders präzises und flexibles Schneiden von Fleisch ermöglichen. Dabei zählt jedes Gramm. Selbst eine Verbesserung von nur zwei Prozent liefert bei großen Schnittmengen einen wesentlichen Beitrag zur Nachhaltigkeit. Wir unterstützen zudem die Entwicklung neuer Verpackungsmaterialien. Zwar ist hier die Meinung weit verbreitet, Verpackungen aus Karton und faserbasierten Materialien allein gehöre die Zukunft. Und tatsächlich werden sie eine wichtige Rolle spielen. Doch wir sind überzeugt: Für einige Verpackungen wird weiterhin Kunststoff gefragt sein – etwa dann, wenn ein zuverlässiger Feuchtigkeitsschutz notwendig ist. Und Kunststoff und Umweltschutz schließen sich nicht aus. Wir müssen nur erreichen, dass sich Folien in Recyclingkreisläufe zurückführen lassen. Das funktioniert heute in vielen Fällen nicht, weil es sich um Verbundfolien handelt, die nur in der Verbrennung landen können. Wir unterstützen deshalb die Entwicklung von Monomaterialien, indem wir viel in Forschung investieren und mit Packmittelmittelherstellern kooperieren. Wir sind zudem Partner von R-Cycle, eine 2020 gegründete unternehmensübergreifende Initiative, die es sich zum Ziel gesetzt hat, recyclingrelevante Eigenschaften und Inhaltsstoffe von Kunststoffverpackungen im Produktionsprozess automatisiert zu dokumentieren.

Nachdem wir nun ausführlich auf die Geschichte von MULTIVAC zurückgeblickt haben, geben Sie uns einen Ausblick auf die Zukunft des Unternehmens?

Unsere Themen für die Zukunft werden vorrangig die Verschmelzung von Maschinenbau und Digitalisierung und der weitere Ausbau unserer Linienkompetenz sein. Wir werden uns als Technologieführer den Herausforderungen neuer Märkte stellen. Ebenso dem Thema Nachhaltigkeit. MULTIVAC nimmt Einfluss auf Lösungen und steht mit seinen Kooperationen und Partnerschaften in diesem Bereich für Offenheit in der Industrie. Wir kommen damit nicht nur unserem unternehmerischen, sondern auch unserem gesellschaftlichen Auftrag nach.

Vielen Dank für das Gespräch, Herr Spix.

Und Kunststoff und Umweltschutz schließen sich nicht aus. Wir müssen nur erreichen, dass sich Folien in Recyclingkreisläufe zurückführen lassen. Das funktioniert heute in vielen Fällen nicht, weil es sich um Verbundfolien handelt, die nur in der Verbrennung landen können. Wir unterstützen deshalb die Entwicklung von Monomaterialien, indem wir viel in Forschung investieren und mit Packmittelmittelherstellern kooperieren. Wir sind zudem Partner von R-Cycle, eine 2020 gegründete unternehmensübergreifende Initiative, die es sich zum Ziel gesetzt hat, recyclingrelevante Eigenschaften und Inhaltsstoffe von Kunststoffverpackungen im Produktionsprozess automatisiert zu dokumentieren.

16.11.2021


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